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Name:0134/2014  
Art:Beschlussvorlage  
Datum:24.04.2014  
Betreff:Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes
hier: Vereinbarungen gem. §§ 8a Abs. 4 und 72a Abs. 2 und 4 SGB VIII
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Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss empfiehlt/der Regionalverbandsausschuss beschließt den Abschluss von Vereinbarungen gem. § 8a Abs. 4 SGB VIII mit Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach dem SGB VIII erbringen, und den Abschluss von Vereinbarungen gem. § 72a Abs. 2 und 4 SGB VIII mit freien Trägern der Jugendhilfe.

 

 


Sachverhalt:

 

Das Bundeskinderschutzgesetz hat dem örtlichen Träger der Jugendhilfe auferlegt, in Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach dem SGB VIII erbringen, sicherzustellen, dass deren Fachkräfte einen eigenständigen Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung wahrnehmen (§ 8a Abs. 4 SGB VIII, „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“).

 

Des Weiteren soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe durch Vereinbarungen mit den Trägern der freien Jugendhilfe sicherstellen, dass diese keine Personen, die rechtskräftig wegen einer Straftat zum Nachteil von Minderjährigen oder anderer einschlägiger Straftaten verurteilt sind, beschäftigen. Darüber hinaus ist festzulegen bei welchen neben- und ehrenamtlich für die freien Träger tätigen Personen aufgrund Art, Intensität und Dauer von deren Kontakt mit Kindern und Jugendlichen vorab Einsicht in das Führungszeugnis genommen werden muss (§ 72a Abs. 2 und 4 SGB VIII, „Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen“).

 

Ergänzend sei hier noch erwähnt, dass durch das Bundeskinderschutzgesetz ein neuer § 8b in das SGB VIII eingeführt wurde und mit dem Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) ein komplett neues Gesetz in Kraft getreten ist.

 

§ 8b SGB VIII („Fachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen“) sichert allen Personen, die beruflich in Kontakt mit Kindern und Jugendlichen stehen, einen Rechtsanspruch auf eine Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft zu.

 

§ 4 KKG („Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung“) verpflichtet kinder- und jugendnah beschäftigte Berufs- geheimnisträger bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte zur Erörterung des Sachverhaltes mit der ganzen Familie und Motivation für die Inanspruchnahme geeigneter Hilfen zur Gefahrenabwendung. Zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung räumt die Vorschrift den benannten Berufsgruppen das Recht ein, eine im Kinderschutz erfahrene Fachkraft hinzuzuziehen. Bei Einhaltung dieses abgestuften Verfahrens ist die (evtl. später notwendige) Weitergabe von Informationen an das Jugendamt durch die Berufsgeheimnisträger rechtmäßig (Befugnisnorm) und sichert somit im Hinblick auf die strafbewehrte Schweigepflicht der Berufsgeheimnisträger gem. § 203 StGB deren Handlungssicherheit. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Erwähnung von Lehrer/innen in diesem Gesetz und die Tatsache, dass auch Lehrer/innen an staatlich anerkannten Privatschulen eine Amtsträgereigenschaft beigemessen wird.

 

Der Rechtsanspruch auf Hinzuziehung einer insoweit erfahrenen Fachkraft richtet sich gegen den örtlichen Träger der Jugendhilfe. Das Konzept, bei den bisher schon abgeschlossenen Vereinbarungen und anfragenden Personen die in der Anlage 2 aufgeführten Beratungsstellen als Ansprechpartner zu benennen, soll fortgeschrieben werden. Dieser Ansatz sichert Qualität, Zugang zu fachspezifischem Wissen und den Beratung Suchenden eine gewisse Wahlfreiheit. Eine Auswertung der bisherigen Inanspruchnahme von Mitarbeiter/innen der Beratungsstellen als insoweit erfahrene Fachkraft hat ergeben, dass Kapazitäten vorhanden sind und durch Weiterverweisung noch besser ausgeschöpft werden können.

 

Die Vereinbarung gem. § 8a Abs. 4 SGB VIII ist bewusst kurz und einfach gehalten. Dies begründet sich aus der Erfahrung in der Beratung mit Teams in der Jugendhilfe. Der Umstand, dass das Gesetz den Leistungserbringern einen eigenständigen Schutzauftrag bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung auferlegt, sorgt weithin für Unsicherheit. Frühzeitiges Erkennen von Anhaltspunkten, deren Bewertung, die Einbeziehung der Familie, die Ansprache der Eltern und das Selbstverständnis bzgl. dieser Aufgabe in Abgrenzung zum übrigen Arbeitsauftrag stellen eine große persönliche Herausforderung dar. Die Ausfertigung der Vereinbarung zielt deshalb auf Befähigung zum frühzeitigen Erkennen von Anhaltspunkten, auf Hinführung zum kollegialen Diskurs unter Einbeziehung von Leitung und auf Ermutigung zur angemessenen Ansprache von Eltern.

 

Ausgehend von der Erkenntnis, dass Hilfen, die aus Einsicht und Veränderungsbereitschaft angenommen werden, am ehesten geeignet scheinen, eine Gefährdung abzuwenden, setzt der Gesetzgeber hier zunächst auf die Ersteinschätzung und Ansprache aus dem Nahfeld der Familie und wahrt somit auch das  Primat der elterlichen Gefahrenabwendung.