BezeichnungInhaltBezeichnungInhalt
Name:0144/2015  
Art:Beschlussvorlage  
Datum:20.05.2015  
Betreff:Antrag der Gemeinde Heusweiler zur Grundlagenuntersuchung bzgl. Gesundheitsgefährdung von Windenergieanlagen
DokumenttypBezeichnungAktionen
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Beschlussvorschlag:

 

Der Kooperationsrat beschließt, den Antrag abzulehnen.

 


Sachverhalt:

 

Der Gemeinderat der Gemeinde Heusweiler hat in seiner Sitzung am 23.04.2015 folgenden Antrag beschlossen, der hiermit dem Kooperationsrat zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt wird.

„Der Kooperationsrat wird aufgefordert, den nachfolgend aufgeführten Beschluss des Gemeinderates Heusweiler vom 26.02.2015 auf die nächste Tagesordnung des Kooperationsrates im Juni aufzunehmen, damit dieser beschließt, diesen Auftrag an den Regionalverband zu vergeben:

Der Regionalverband Saarbrücken als planende Behörde wird aufgefordert, eine auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aufbauende Untersuchung, hinsichtlich der Gesundheitsgefährdung für die Bürgerinnen und Bürger in Eiweiler und Holz, vornehmen zu lassen - gerade auch unter der Berücksichtigung der vorgesehenen Abstandsflächen zwischen den Windenergieanlagen und der am nächsten liegenden Wohnbebauung.

Bis zum Vorliegen dieser wissenschaftlich bestätigten Unbedenklichkeit sind die Planung sowie der Bau von Windkraftanlagen in den betroffenen Gebieten einzustellen. Eigentlich müsste dies für alle Gebiete im Saarland gelten.

Nach durchgeführter Prüfung ist je nach Ergebnis eine Abstandsflächenkorrektur — allerdings nur bis zu einem Abstand von mindestens 800 m - der geplanten Anlagen zur Wohnbebauung vorzunehmen, um eine Gesundheitsgefährdung auszuschließen."

 

Der vollständige Beschluss des Gemeinderates ist der Vorlage als Anlage beigefügt.

Stellungnahme der Verwaltung

 

Als Planungsträger für den Flächennutzungsplan ist der Regionalverband gem. § 2 Abs. 3 BauGB dazu verpflichtet, dass für die Beurteilung der jeweiligen Belange notwendige Abwägungsmaterial zu ermitteln und zu bewerten. Dem ist die Verwaltung mit Blick auf die Ermittlung potenzieller Gefahren für die Gesundheit bereits im abgeschlossenen, wie auch im laufenden Verfahren umfänglich nachgekommen, was den entsprechenden Stellungnahmen der zuständigen Fachbehörde (Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz) im förmlichen Verfahren, wie auch die beanstandungsfreie Genehmigung durch die Ministerium für Inneres und Sport belegen.

 

Da insbesondere von Seiten der Öffentlichkeit, aber u.a. auch von Fraktionen innerhalb des Gemeinderates Heusweiler Bedenken geäußert wurden, dass die von Windenergieanlagen ausgehenden Emissionen auch noch in einer Entfernung von 800m gesundheitsschädlich wären, hat die Verwaltung des Regionalverbandes Anfang des Jahres zudem das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie angeschrieben und um zusätzliche fachliche Stellungnahme gebeten.

 

Mit Schreiben vom 24.03.2015 erhielt der Regionalverband das Antwortschreiben durch das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz, an welches die Anfrage weitergeleitet wurde. Dem Antwortschreiben beigelegt war eine bereits bestehende Stellungnahme des LUA vom 27.06.2014 zu den in Frage stehenden Aspekten an einen Bürger. Diese entspricht zudem im Wesentlichen auch dem Bericht der Landesregierung im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz vom 14.03.2014. Diese, der Verwaltung bekannte und im Verfahren entsprechend berücksichtigte Sichtweise der Fachbehörde LUA wird somit von dieser auch im März 2015 aufrechterhalten.

 

Die wesentlichen Inhalte der Stellungnahme des LUA sind wie folgt:

 

  • Konkrete Prüfung des Belangs i.R.d. Genehmigungsverfahrens nach BImSchG mittels Schallgutachten unter Anwendung der TA Lärm (inkl. Aussagen zu Infraschall und tieffrequenten Schall)

 

  • Schallpegel von WEA im Infraschallbereich deutlich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle Gesundheitsgefahr wird nach bisherigem Kenntnis-stand somit ausgeschlossen!

 

  • Keine schädlichen Auswirkungen durch WEA nach den Vorgaben der TA Lärm zu erwarten!

 

  • Es bestehen keine eigenen Forschungen/Gutachten des Landesamtes und sind wegen der Größe auch nicht geplant. Es wird auf die auf Gutachten/Positionen der großen Landesgesundheits- bzw. -umweltämter in NRW, Bayern und Baden-Württemberg verwiesen.

 

Die Kernaussage der bayerischen Landesämter für Umwelt und Gesundheit aus dem Jahr 2014 ist dabei mit Blick auf das oft angesprochene Thema Infraschall wie folgt:

 

„Bei Infraschall handelt es sich um Töne, die so tief sind, dass Menschen sie normalerweise nicht wahrnehmen. Nur wenn der Pegel (also quasi die Lautstärke) sehr hoch ist, können wir Infraschall hören oder spüren. Wissenschaftliche Studien legen nahe, dass Infraschall nur dann Folgen haben kann, wenn Menschen ihn hören können. Die von Windenergieanlagen erzeugten Infraschallpegel liegen in üblichen Abständen zur Wohnbebauung jedoch deutlich unterhalb der Hör- und Wahrnehmungsgrenzen. Daher haben nach heutigem Stand der Wissenschaft Windenergieanlagen keine schädlichen Auswirkungen für das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen.“

 

Trotz der politisch beschlossenen sog. H10-Regelung durch den Landtag in Bayern hat sich an der fachlichen Einschätzung des zuständigen bayerischen Landesamtes nach Kenntnisstand der Verwaltung nichts geändert.

 

Diesen Veröffentlichungen wird von verschiedenen Menschen der Vorwurf entgegengebracht, dass bisher zu wenige oder nicht ausreichende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Wirkung von nicht wahrnehmbaren Infraschall auf den Menschen vorliegen, weshalb die Errichtung von Windenergieanlagen in mehreren hundert Metern Entfernung zu Wohnstätten ein unkalkulierbares und deshalb abzulehnendes Gesundheitsrisiko für den Menschen darstellt. Hierzu ist anzumerken, dass die im Rahmen der Flächennutzungsplanung analysierten Umweltauswirkungen nicht jedes nur hypothetisch denkbare, jedoch bisher nicht von der Wissenschaft mehrheitlich anerkanntes nachgewiesenes Risiko berücksichtigen kann. Stattdessen hat sich die Bewertung der Umweltauswirkungen auf die gültigen Gesetze und die geltende Rechtsprechung zu stützen.

 

Aus Sicht der Verwaltung wie auch des zuständigen Landesamtes gibt es ausreichend nach, herrschender Meinung anerkannte Grundlagengutachten bzgl. der Gesundheitsgefährdung (hier insb. Infraschall) von Windenergieanlagen.

 

Ganz unabhängig davon bedürfen Windenergieanlagen zu ihrer Errichtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach dem BImSchG, da sie gemäß § 3 (5) BImSchG den Anforderungen des § 5 BImSchG unterliegen. Diese erfordern für die Errichtung und den Betrieb der Anlagen unter anderem, dass „schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können“. Die Genehmigung einer Windenergieanlage schließt somit von vornherein erhebliche Geräusch­immissionen für das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen an seinem Wohnort aus, da eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte nicht zulässig und nicht abwägbar ist. Im Zuge der konkreten Genehmigungsplanung zur Errichtung einer Windenergieanlage müssen die genauen anlagen- und standortbezogenen Immissionen durch ein Fachgutachten (detaillierte Schallimmissionsprognose) ermittelt werden. Auf der Ebene der vorbereitenden Bauleitplanung ist dieser Nachweis der Einhaltung der Immissionsrichtwerte zum Schutz der Gesundheit des Menschen wegen der noch fehlenden Kenntnis zum Anlagentyp und zum Anlagenstandort innerhalb der Konzentrationszonen nicht sinnvoll und nicht möglich.

 

Dies trifft ebenso auf andere Gesundheitsrelevante Aspekte, wie z.B. Schattenwurf, möglichen Eiswurf oder eine etwaige optisch bedrängende Wirkung zu. Hierbei werden zudem immer die aktuell gültigen Normen bzw. der jeweils anerkannte Stand der Wissenschaft angewandt, was bei einer einmaligen Grundlagenuntersuchung für die Flächennutzungsplanung (Planungshorizont rd. 15 Jahre), nicht der Fall wäre.

 

Inhaltlich wird somit dem vom Gemeinderat Heusweiler gestellten Antrag, nämlich den für eine Genehmigung notwendigen Abstand einer Windenergieanlage zur nächsten Wohnbebauung durch eine „auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aufbauende Untersuchung hinsichtlich der Gesundheitsgefährdung für die Bürgerinnen und Bürger“ durchführen zu lassen, bereits heute in der Praxis entsprochen.

 

Dies geschieht nämlich spätestens auf der Ebene der Genehmigungsplanung nach BImSchG, wenn feststeht welche genaue Bau- und Betriebsart von Windenergieanlagen an den dann konkret feststehenden Standorten innerhalb der vorgesehenen Konzentrationszonen realisiert werden sollen. Die Flächennutzungsplanung, welche lediglich Flächenvorsorge durch Konzentrationszonen tätigt, ist aufgrund der genannten fehlenden Parameter hierzu systembedingt nicht in der Lage.

 

Die Verwaltung empfiehlt, den Antrag aufgrund der oben dargelegten Begründung abzulehnen und die abschließende Ermittlung und Beurteilung potentieller Gesundheitsgefahren weiterhin auf der hierfür geeigneten Ebene der Bebauungs- oder Genehmigungsplanung durchzuführen.