Bezeichnung | Inhalt | Bezeichnung | Inhalt |
---|---|---|---|
Name: | 0792/2020 | ||
Art: | Beschlussvorlage | ||
Datum: | 01.09.2020 | ||
Betreff: | Die Implementierung eines Kinderschutzteams beim Sozialen Dienst des Jugendamtes |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
---|---|---|
Vorlage 319 KB |
Beschlussvorschlag:
Der
Jugendhilfeausschuss empfiehlt/
Der
Regionalverbandsausschuss nimmt zur Kenntnis/
Die
Regionalversammlung beschließt:
die Implementierung
eines Kinderschutzteams beim Sozialen Dienst des Jugendamtes
Sachverhalt:
Das
Jugendamt des Regionalverbandes Saarbrücken richtet ab Januar 2021 ein
Kinderschutzteam ein. Das Team wird als spezialisierter Dienst dem Sozialen
Dienst angegliedert. Der qualifizierte Umgang und die Bearbeitung von
eingehenden Meldungen einer Kindeswohlgefährdung nach den Verfahrensstandards zur Wahrnehmung des Schutzauftrages bei
Kindeswohlgefährdung[1] stellt als Kernaufgabe des Sozialen Dienstes hohe Anforderungen an
die fachliche Kompetenz und an das erworbene Erfahrungswissen der
Mitarbeiter*innen. Die Qualität der Kinderschutzarbeit wird durch zeitnahes
Reagieren auf eine eingehende Mitteilung über eine Kindeswohlgefährdung
gesteigert, da die zur Verfügung stehenden Fachkräfte frei von anderen Aufgaben
sind.
Die Implementierung
eines Kinderschutzteams im Sozialen Dienst soll sowohl die Verbesserung der
Qualität der Arbeit im Kinderschutz als auch eine Absenkung der damit
einhergehenden Kosten im stationären Bereich nach einer Krisenintervention
erreichen, unter anderen durch eine Verringerung der Inobhutnahmen gem. § 42
SGB VIII. Hierbei werden Hilfen passgenauer in Zusammenarbeit mit den
Sorgeberechtigten eingeleitet. Bestehende Hilfen und Maßnahmen können
intensiver überprüft werden. Es ist davon auszugehen, dass diese Maßnahmen
schneller reduziert und beendet werden oder/ und dass Ressourcen im Sozialraum
zeitnaher eine ggf. bestehende Hilfe zur Erziehung ablösen.
Das Kinderschutzteam soll aus sechs Vollzeitkräften und einer
Vollzeit-Leitungskraft bestehen. Die Mitarbeiter*innen werden aus den
bestehenden Sozialraumteams beworben und können sich gezielt für die Arbeit im
Kinderschutz entscheiden. Es sollen ausschließlich erfahrene Fachkräfte
eingesetzt werden. Es werden bereits bestehende Stellen im Sozialen Dienst
umgeschichtet, so dass bis auf die Leitungsstelle keinen neuen Stellen zu
schaffen sind. Die Fachkräfte erarbeiten sich durch die Konzentration auf die
spezielle Tätigkeit eine besonders hohe Qualität im Vorgehen, die sich in noch
besseren Ergebnissen der Kinderschutzarbeit niederschlagen wird. Die Qualität
der Kinderschutzarbeit wird durch zeitnahes Reagieren auf eine eingehende
Meldung über eine Kindeswohlgefährdung gesteigert, da die zur Verfügung
stehenden Fachkräfte frei von anderen Aufgaben sind. Die engere Verzahnung mit
den Kinderschutzakteuren im Regionalverband (Versorgungsnetz Inobhutnahme;
externer Bereitschaftsdienst; Polizei; Remaks; Kinderschutzgruppe Klinik
Winterberg etc.) ist mit dem überschaubaren Kinderschutzteam wesentlich besser
zu praktizieren und risikorelevante Informationen können gem. § 8a SGB VIII im
Zusammenwirken noch besser eingeschätzt werden. Als typische Hindernisse in
problematischen Kinderschutzverläufen[2] werden u.a. die Qualität der Einschätzung
einer Kindeswohlgefährdung, Mangel an Zeit für übergreifende Kooperationen und
auch die mangelnde Evaluation für die Qualitätsentwicklung genannt. Diesen
Hindernissen kann im Sinne eines kooperativen Kinderschutzes durch das
spezialisierte Kinderschutzteam besser begegnet werden. Das Kinderschutzteam
hat einen Überblick über alle Kinderschutzfälle. Die Zuständigkeit des Teams
bleibt bis zur abgeschlossenen ersten Hilfeplanung im Rahmen des Hilfe- und
Schutzkonzeptes bestehen.
Der Soziale Dienst wird durch das Kinderschutzteam entlastet und bekommt
mehr Freiräume für die Prävention im Sozialraum. Der derzeitigen Fluktuation im
Sozialen Dienst könnte entgegengewirkt werden und für die intensivere
Einarbeitung junger Kolleg*innen des Sozialen Dienstes stünde mehr Zeit zur
Verfügung. Überwiegend junge und eher unerfahrene Mitarbeiter*innen des
Sozialen Dienstes fühlen sich nach kurzer Einarbeitungszeit mit den Belastungen
des Kinderschutzes überfordert und entscheiden sich gegen die Arbeit im
Kinderschutz.
Die Partizipation aller Fachkräfte im Kinderschutz wird durch einen
Qualitätszirkel Kinderschutz sichergestellt, der die konzeptionelle
Weiterentwicklung unter engem Bezug auf die Praxis entwickelt. Zum Qualitätszirkel
gehören neben den Fachkräften im Kinderschutz auch die Regionalleitungen, das
Fachcontrolling Kinderschutz und interessierte Mitarbeiter*innen des Sozialen
Dienstes.
Es ist geplant nach drei Jahren die Wirksamkeit des Kinderschutzteams
und der erwarteten Effekte zu überprüfen; sinnvoll erscheint eine Kooperation
mit einer in Evaluationsverfahren erfahrenen Hochschule für Soziale Arbeit
anzustreben. Eine Einbindung in das bundesweite Modellprojekt „Gute
Kinderschutzverfahren“[3] ist anvisiert. Die Fachkräfte können das Curriculum des Online-Kurses
des Modellprojektes nutzen; die Teilnahme ist für die Fachkräfte kostenfrei.
Außerhalb der Zeiten zur Sicherstellung des Kinderschutzes übernimmt wie
bisher auch der externe Bereitschaftsdienst die Versorgung von Kindern und
Jugendlichen in Notsituationen, sowie die Bearbeitung eingehender Meldungen.
Anlagen:
·
Konzept
Kinderschutzteam
·
Verfahrensstandards
im Kinderschutz
·
Meldebogen
[1] Siehe Anlage – Fassung Verfahrensstandards im Kinderschutz vom 02.05.2016
[2] Siehe „Gemeinsam lernen aus Kinderschutzverläufen“ (Gerber/ Lillig 2018)
[3] Modellprojekt zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung für eine kindgerechte Justiz durch interdisziplinäre Fortbildung unter Einbindung eines E-Learning-Angebots vor dem Hintergrund des Koalitionsvertrages der 19. Legislaturperiode. Dieser Vertrag enthält zahlreiche Punkte zur Stärkung des Schutzes von Kindern und zur Qualifizierung der mit Kinderschutzfällen befassten Berufsgruppen. Vgl. https://guteverfahren.elearning-kinderschutz.de/