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Name:0311/2021  
Art:Beschlussvorlage  
Datum:29.07.2021  
Betreff:Resolution zur Baulandmobilisierung für mehr bezahlbaren Wohnraum
DokumenttypBezeichnungAktionen
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Beschlussvorschlag:

 

Der Kooperationsrat fordert vom Ministerium für Inneres, Bauen und Sport die Überprüfung, ob insbesondere im Ballungsraum Saarbrücken die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt und damit die Voraussetzung zum Erlass der Rechtsverordnung gem. § 201a Baugesetzbuch gegeben ist. Dabei sollte die kommunale Ebene, insb. über die Spitzenverbände, die Städte und Gemeinden und der Regionalverband Saarbrücken als Planungsverband in die Ausarbeitung eingebunden werden.

 

Sollte die Betrachtung zum Ergebnis kommen, dass die Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt, so wird die Landesregierung aufgefordert, die Rechtsverordnung zu erlassen und den betroffenen Städten und Gemeinden damit die Instrumente des Baulandmobilisierungsgesetztes an die Hand zu geben.

 


Sachverhalt:

 

Der Deutsche Bundestag hat am 14. Juni 2021 das Gesetz zur Mobilisierung von Bauland (Baulandmobilisierungsgesetz) beschlossen, durch das das Baugesetzbuch (BauGB) novelliert wurde und am 23. Juni in Kraft getreten ist.

 

Durch die Gesetzesänderung soll ein schnelleres Aktivieren von Bauland zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum ermöglicht werden. Um dies zu erreichen, wurden die bestehenden gemeindlichen Handlungsinstrumente zur Baulandmobilisierung erweitert und planungsrechtliche Erleichterungen für Wohnbauentwicklungen eingeführt. Gleichwohl sind viele Regelungen in ihrer Geltungsdauer (unterschiedlich lang) befristet und sollen sich in der Praxis erst noch bewähren.

 

Erweiterte gemeindliche Handlungsinstrumente:

 

  • Einführung von sektoralen Bebauungsplänen für den Wohnungsbau
  • Stärkung des kommunalen Vorkaufsrechts
  • Erweiterung von Baugeboten
  • Städtebauliche Entwicklungskonzepte zur Stärkung der Innenentwicklung
  • Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen
  • Erleichterte Erteilung von Befreiungen nach § 31 BauGB
  • Erweiterung der Abweichungen nach § 34 Abs. 3a BauGB
  • Erleichterung von Wohnnutzung im Außenbereich und in ländlichen Gebieten
  • Umwandlung der Obergrenzen des § 17 BauNVO in Orientierungswerte

 

Den Gemeinden werden durch das Baulandmobilisierungsgesetz somit zusätzliche Instrumente für die Mobilisierung von Baulandpotenzial an die Hand gegeben.

 

Voraussetzungen zur Anwendung dieser Instrumente:

Viele der neu eingeführten Handlungsinstrumente sind nur in Gebieten anwendbar, die die Gemeinde durch Satzung bzw. im Falle des § 250 BauGB die Landesregierung durch Rechtsverordnung als „Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt“ bestimmt hat. Nach der Definition des neu eingefügten § 201a BauGB soll ein solches Gebiet vorliegen, „wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist“.

 

„Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn

 

  1. die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt,
  2. die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten

Durchschnitt deutlich übersteigt,

  1. die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit

erforderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder

  1. geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.“

 

Die in § 201a BauGB dargestellten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gebiets mit einem angespannten Wohnungsmarkt sind identisch mit den in § 556d Abs. 2 BGB geregelten Voraussetzungen für den Erlass einer Mietpreisbegrenzungsverordnung (Mietpreisbremse).

 

Einige Bundesländer haben bereits unlängst die Ausweisung entsprechender Gebiete „zügig nach Inkrafttreten des Baulandmobilisierungsgesetzes“ in Aussicht gestellt.

 

Sicherlich ist der Wohnungsmarkt im Ballungsraum Saarbrücken nicht mit dem in Frankfurt, München oder Berlin zu vergleichen. Entsprechend ist auch davon auszugehen, dass drei der vier Voraussetzungen zur Gebietsausweisung im Regionalverband Saarbrücken voraussichtlich nicht vorliegen werden. Jedoch bedarf es lediglich einer der genannten Voraussetzungen.

 

Laut der veröffentlichten Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die auf den Daten des Mikrozensus 2018 beruht, leben alleine in Saarbrücken noch rund 60 % der Haushalte in einer zu teuren oder zu kleinen Wohnung, die nicht der im Sozialrecht vorgegebenen Mindestwohnfläche entsprach, auch wenn dies eine Verbesserung zur ebenso ermittelten Situation in 2006 darstellte. Als zu teuer gilt eine Wohnung meist dann, wenn Warmmiete und Nebenkosten mehr als 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens umfassen. Besonders problematisch ist das für Haushalte mit niedrigem Einkommen, weil dann nur noch eine geringe absolute Summe für andere Lebensbereiche übrigbleibt.

 

Somit liegt zumindest die These nahe, dass in Teilen des Regionalverbandes Saarbrücken die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt und damit die Voraussetzung zur Ausweisung von Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt existiert.

 

Den Städten und Gemeinden im Regionalverband, in denen dieses Kriterium erfüllt ist, sollten entsprechend die notwendigen Instrumente des Baugesetzbuches zur Baulandmobilisierung an die Hand gegeben werden. Damit können die Kommunen auch eher, der von der Landesregierung im Landesentwicklungsplan, Teilabschnitt Siedlung (siehe z.B. Ziffer 37) geforderten Pflicht zur Mobilisierung und Aktivierung von Bauland entsprechend Rechnung tragen.

 

Die Verwaltung empfiehlt deshalb, die Landesregierung aufzufordern, die Grundlagen für eine entsprechende Landesverordnung zu ermitteln und bei Vorliegen der Voraussetzung auch zu erlassen.

 

Weitere Informationen zum Baulandmobilisierungsgesetz unter:

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2021/05/baulandmobilisierung.html

 

Ergänzung zur Vorlage Nr. 0311/2021 „Resolution zur Baulandmobilisierung für mehr bezahlbaren Wohnraum“ (10.09.21 zur Kenntnis genommen, 15.10.21 abgesetzt):

 

Auf Antrag von Vertretern des Stadtrates der Landeshauptstadt wurde um Absetzung / Vertagung des o.g. Tagesordnungspunktes gebeten, verbunden mit der Bitte bzw. dem Auftrag an die Verwaltung des Regionalverbandes die Frage zu erörtern, ob bzw. inwiefern der Erlass einer Verordnung nach §201a BauGB durch die Landesregierung - welche die in der Vorlage bereits skizzierten Handlungsinstrumente des BauGB für Kommunen aktivieren würde - gleichzeitig eine Rechtsverordnung nach §556d Abs. 2 BGB - quasi automatisch - in Kraft setzen würde, welche wiederum die Voraussetzung für das Greifen der sog. „Mietpreisbremse“ nach §556d Abs. 1 BGB darstellt.

Die Verwaltung hat eine Prüfung dieser Fragestellung durch das Rechtsamt des Regionalverbandes erbeten. Die entsprechende juristische Bewertung ist als Anlage beigefügt.

Die Ergebnisse werden durch die Verwaltung mündlich in der Sitzung erläutert.