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Name:0162/2024  
Art:Beschlussvorlage  
Datum:16.04.2024  
Betreff:Einrichtung eines Infrastrukturangebotes (ISA) im Eigenbetrieb an der FGTS Heusweiler
DokumenttypBezeichnungAktionen
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Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss empfiehlt,                                                                                                

die Regionalversammlung beschließt,

 

den Regionalverbandsdirektor zu beauftragen,

den Fachdienst 51 - Jugendamt damit zu beauftragen, ein Infrastrukturangebot in eigener Trägerschaft an der FGTS Heusweiler zum Schuljahr 2024/2025 einzurichten.

 

 


Sachverhalt:

 

Ab Mai 2015 plante der Regionalverband zusammen mit dem Ministerium für Bildung und Kultur und der Landeshauptstadt Saarbrücken (LHS) als Schul- sowie Kostenträger der ehemaligen Therapeutischen Schülerinnen- und Schülergruppen (TSG) Modellvorhaben als sog. Infrastrukturangebote (ISA). Ausgangspunkt war die Tatsache, dass die Einzelfallhilfen im Bereich der schulischen Integrationshilfen in den vorangegangenen 10 Jahren grassierend angestiegen waren und das enge Betreuungssetting, welches Einzelfallhilfen mit sich bringen, als nicht zielführend und zugleich stigmatisierend wahrgenommen wurde.

 

Der modellhafte Ansatz der ISA sah vor, dass die Bedarfe für die bisherigen schulischen Einzelintegrationshilfen fortan mit an der Schule fest verankerten Betreuungskräften bearbeitet werden. Dies sollte erreicht werden durch

-       die Implementierung von festen Teams der Jugendhilfe an den jeweiligen Schulstandorten,

-       den flexiblen, individuellen und situationsspezifischen Einsatz der ISA-Mitarbeitenden in der Schule,

-       Mitwirkung der ISA-Mitarbeitenden bei der Erstellung und Umsetzung des Förderplanes,

-       konsequente Verfolgung eines inklusiven Ansatzes durch Wegfall der positiven Stigmatisierung in Folge der zeitlich intensiven 1:1-Betreuung und der entfallenden Notwendigkeit, eine (drohende) seelische Behinderung als Voraussetzung für eine Leistungsgewährung feststellen zu müssen (Ressourcen-Etikettierungsdilemma).

 

Hierdurch sollte letztlich ein Anstoß zu einer inklusiven Schulentwicklung geben werden, da ein Kind nicht mehr eine Individualhilfe mitbringen muss, um im Regelsystem bestehen zu können, sondern diese Teilhabeunterstützung in der Schule bereits vorhanden ist.

 

2017 konnten an 12 Schulstandorten ISA eingerichtet werden (zunächst im Rahmen einer Modellphase). Mittlerweile verfügen insgesamt 13 Schulstandorte über ein ISA (12 Grundschulen, 1 Gemeinschaftsschule). Die ehemaligen TSG existieren inzwischen nicht mehr, die finanziellen sowie damit verbundenen personellen Ressourcen der LHS und des Regionalverbandes sind in die ISA übergegangen. Betrieben werden die ISA von unterschiedlichen freien Trägern.

 

An der FGTS Heusweiler soll ein ISA in eigener Trägerschaft installiert werden. Grundsätzlich soll hierbei ein Modellstandort entstehen, der es ermöglicht, in einer laborähnlichen Umgebung für das Jugendamt wichtige Erkenntnisse und Erfahrungen im Kontext der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe im schulischen Bereich zu gewinnen. Dies ist wichtig und notwendig, da einschneidende Veränderungen in den kommenden Jahren anstehen. Im August 2026 wird der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter schrittweise eingeführt. Dies bedeutet, dass zunächst alle Grundschulkinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch erhalten, ganztägig gefördert zu werden. Der Anspruch wird in den anschließenden Folgejahren um je eine Klassenstufe ausgeweitet. Damit hat ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassenstufen eins bis vier einen Anspruch auf ganztägige Betreuung. Dieser Rechtsanspruch soll im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) geregelt werden und sieht einen Betreuungsumfang von acht Stunden an allen fünf Werktagen vor. Der Rechtsanspruch soll - bis auf maximal vier Wochen - auch in den Ferien gelten.

Darüber hinaus ist die Reform des SGB VIII (KJSG) vereinbart und sieht vor, dass das Jugendamt ab 01.01.2028 vorrangig zuständig für Leistungen der Eingliederungshilfe für alle jungen Menschen mit (drohender) Behinderung wird.

Dies bedeutet, dass die derzeitige Zuständigkeit des Landesamtes für Soziales für junge Menschen mit (drohender) geistiger und/oder körperlicher Behinderung zum Jugendamt wechseln wird.

 

Die Personalisierung der bisherigen ISA besteht aus einem Mix aus Fachkräften und Helfern. Auch an der FGTS Heusweiler soll es einen solchen Mix geben. Der Bereich der Helfer bietet Personen, die über keine pädagogische Qualifikation verfügen müssen, Zugang in dieses Arbeitsfeld. Durch den Eigenbetrieb des ISA und die damit verbundene Anstellung der Mitarbeitenden beim Regionalverband besteht die Möglichkeit, gezielte Weiterbildungen für die Helfer anzustreben, um somit die fachlichen Standards in diesem Bereich zu verbessern. Denkbar ist eine auf hiesige Bedarfe angepasste Weiterbildung, die in Kooperation mit der Universität des Saarlandes entstehen könnte. An der Universität des Saarlandes wird bereits die dreijährige „Weiterbildung Inklusive Pädagogik“ angeboten. Seitens des Jugendamtes wird eine Kooperation mit der Universität angestrebt, um eine reduzierte und auf die Bedürfnisse der in den ISA beschäftigten Helferinnen und Helfern angepasste Weiterbildung zu entwickeln, welche es den Helfern ermöglicht, innerhalb eines Jahres in den Schulferien an dem neu zu entwickelnden Weiterbildungsangebot teilzunehmen. Eine derartige Qualifizierungsmaßnahme würde zum einen die fachlichen Standards der Arbeit der Helferinnen und Helfer anheben und würde zugleich die Chance bieten, durch ein entsprechend angepasstes und abgestimmtes Curriculum den Helferinnen und Helfern nach entsprechender Qualifizierung den Zugang zu anderen Arbeitsbereichen zu ermöglichen (z.B. auf Niveau einer Kindertagespflegeperson). Auf Grund der parallel stattfindenden Praxiserfahrung wäre perspektivisch sogar eine Anerkennung auf dem Niveau KinderpflegerIn möglich.

 

Die Budgetkalkulation für den Standort FGTS Heusweiler unterscheidet sich durch den Eigenbetrieb nicht von der Kalkulationsform, die für die bereits bestehenden ISA-Standorte, die von freien Trägern betrieben werden, angewendet worden ist, sodass der Eigenbetrieb zu keinen Mehrkosten im Vergleich zum vom freien Träger betriebenen Standort führt. Die Budgetkalkulation betrachtet die aktuell am Schulstandort gewährten Einzelfallhilfen nach § 35a SGB VIII. Die Kosten, die pro Jahr durch die gewährten Schulintegrationshilfen entstehen, werden unverändert zur Finanzierung der Mitarbeitenden des ISA verwendet. Da mit Beginn des ISA die Einzelfallhilfen beendet werden können, entstehen keine Mehrkosten, die Mittel werden lediglich umgeschichtet.

Wie bei den bereits implementierten ISA führt die Implementierung in Heusweiler zu einer unmittelbaren Entlastung des Sozialen Dienstes vor Ort und der wirtschaftlichen Jugendhilfe, da die Beantragung von Einzelfallhilfen entfällt.

An der FGTS Heusweiler sind derzeit 13 Schulintegrationshilfen seitens des Jugendamtes des Regionalverbandes installiert. Diese 13 Einzelfallhilfen haben einen Gesamtumfang in Höhe von 263 Wochenstunden (WS). Mittels des Budgets, welches sich aus diesen Fällen ergibt, könnte beispielsweise folgende Personalisierung finanziert werden:

 

-       0,51 VZ (20 WS) Koordination und fachliche Anleitung der StrukturhelferInnen (S 8b TVöD SuE)

-       5,33 VZ (208 WS) StrukturhelferInnen (S 2 TVöD SuE)

Während der Stellenanteil der Koordinatorin auf eine Person übertragen werden soll, könnte die Verteilung der Strukturhelferstunden wie folgt aussehen:

 

-       2 Personen mit jeweils 30 WS

-       1 Person mit 28 WS

-       6 Personen mit jeweils 20 WS

Die unterschiedliche Verteilung der Wochenstunden hat den Vorzug, dass nicht ausschließlich der schulische Vormittag abgedeckt ist, sondern auch in der Nachmittagsbetreuung 2 Helferinnen oder Helfer unterstützend tätig sein können und dadurch für Schülerinnen oder Schüler, die ohne Unterstützung das Angebot der FGTS nicht in Anspruch nehmen könnten, eine Teilhabemöglichkeit entsteht.

 

Der Eigenbetrieb des ISA an der FGTS Heusweiler soll dazu dienen, wichtige Erfahrungswerte im Hinblick auf die zuvor aufgezeigten Änderungen zu generieren. Ziel ist es nicht, ein Konkurrenzmodell zu kreieren, dass den bisherigen 13 ISA-Standorten, welche von freien Trägern betrieben werden, gegenübersteht. Das Alleinstellungsmerkmal an der FGTS Heusweiler erscheint wegen zuvor aufgezeigter Argumente jedoch wichtig und zielführend.