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Name: | 0465/2021 | ||
Art: | Beschlussvorlage | ||
Datum: | 22.11.2021 | ||
Betreff: | Abschluss von Kooperationsverträgen zur Zusammenarbeit in den Sozialraumbüros des Regionalverbandes |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Vorlage 295 KB |
Beschlussvorschlag:
Der Jugendhilfeausschuss
empfiehlt,
der
Regionalverbandsausschuss nimmt zur Kenntnis,
die Regionalversammlung
beschließt,
den Regionalverbandsdirektor
mit dem Abschluss von Kooperationsverträgen mit folgenden Trägern:
- Diakonisches
Werk an der Saar gGmbH
- Jugendhilfezentrum der Landeshauptstadt Saarbrücken
- Arbeiterwohlfahrt Landesverband Saarland e.V.
- Stiftung Hospital St. Wendel gGmbH
- Partnerschaftliche Erziehungshilfe e.V.
- Lebenshilfe Sulzbach-Fischbachtal gGmbH
- Lebenshilfe Völklingen gGmbH
- Paritätische Gesellschaft für Gemeinwesenarbeit mbH
über die Zusammenarbeit in
folgenden Sozialraumbüros:
- Alt
Saarbrücken/ Folsterhöhe (Diakonisches Werk, Jugendhilfezentrum, Paritätische
Gesellschaft für Gemeinwesenarbeit)
- Burbach (Arbeiterwohlfahrt, Partnerschaftliche Erziehungshilfe)
- City/ Obere Saar (Diakonisches Werk, Stiftung Hospital)
- Dudweiler (Diakonisches Werk, Partnerschaftliche Erziehungshilfe)
- Köllertal (Lebenshilfe Sulzbach-Fischbachtal)
- Oberes Malstatt (Arbeiterwohlfahrt, Stiftung Hospital)
- Sulzbach/ Friedrichsthal (Diakonisches Werk, Partnerschaftliche Erziehungshilfe)
- Unteres Malstatt (Arbeiterwohlfahrt, Jugendhilfezentrum)
- Völklingen (Arbeiterwohlfahrt, Lebenshilfe Völklingen)
zu beauftragen.
Sachverhalt:
Das SGB VIII als neues Kinder- und Jugendstärkungsgesetz verlangt eine
sozialräumlich ausgerichtete Analyse und Planung der Jugendhilfe. Gemäß § 1
Abs. 3 Zif. 5 SGB VIII soll „die Jugendhilfe dazu beitragen, positive
Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie kinder- und
familienfreundliche Umwelt zu erhalten und zu schaffen“.
Der Sozialraumgedanke ist nicht neu und schließt an die fachlichen,
inhaltlichen und kostenspezifischen Debatten seit Mitte der neunziger Jahre des
letzten Jahrhunderts an. In Folge dieser Debatten haben sich viele Kommunen in
Deutschland auf den Weg gemacht, die Strukturen von Jugendhilfe zu verändern.
In diesem Kontext hat auch der Regionalverband Saarbrücken in seinem
Zuständigkeitsbereich Handlungsbedarf bei der Kinder- und Jugendhilfe gesehen:
Im Jahre 2008 wurde im Rahmen der Weiterentwicklung der Jugendhilfe
insbesondere zur Sicherstellung des Kindesschutzes das Projekt
Sozialraumorientierte Jugendhilfe Saarbrücken (SOJUS) installiert. Auch vor dem
Hintergrund der generell ständig wachsenden Anforderungen an die Jugendhilfe
sollten ein neues Fachkonzept sowie eine neue Jugendhilfestruktur erprobt werden.
Wie andernorts bereits erfolgreich praktiziert, sollte auch in Saarbrücken ein
Wandel von einer überwiegend einzelfallorientierten und reaktiven hin zu einer
sozialraumbezogenen, fallübergreifenden, den Sozialraum erschließenden und
präventiven Jugendhilfe im Fokus stehen.
In diesem Rahmen hat sich der Regionalverband Saarbrücken mit Beginn des
Konzeptes SOJUS eindeutig zum sozialräumlichen Planungsansatz positioniert und
favorisiert diesen auch in der Verwaltungspraxis des Jugendamtes im
planerischen und operativen.
Der Perspektivenwechsel, den die Sozialraumorientierung ermöglicht,
erfolgt im Rahmen der Fallarbeit und ist somit integrierter Bestandteil der
angebotenen Hilfen und Leistungen nach dem SGB VIII. Wichtig ist, dass
vorhandene GWA-Projekte und Kooperationspartner auch außerhalb der Jugendhilfe
realistische Teilhabemöglichkeiten eröffnen. Im Rahmen von Hilfen zur Erziehung
erarbeiten öffentliche und freie Träger gemeinsam eine passgenaue Unterstützung
im Sinne einer Individualhilfe, die die Schwierigkeiten von Familien auch im
Zusammenhang mit ihren Lebenswelten erkennen kann. Dabei nehmen die
Adressatenbeteiligung und die Ressourcenorientierung einen sehr hohen
Stellenwert ein.
Das Fachkonzept Sozialraumorientierung eröffnet somit den konsequenten
Bezug auf den Willen und die Interessen der in einem Wohnquartier lebenden,
leistungsberechtigten Menschen.
Diese lösungsorientierte Arbeit erfolgt durch eine klare Analyse des
Falles als Arbeitsbereich der Jugendhilfe. Es wird festgestellt, ob und wie
Familien bei der Entwicklung von positiven Lebensbedingungen unterstützt und
begleitet werden können, ob es um niederschwellige Leistungen gehen wird oder
ob Gefährdungen abgewendet werden müssen. Das Wächteramt des Jugendamtes bleibt
unberührt. Diese Vorgehensweise wird in regelmäßigen Schulungen und Trainings
vermittelt, um den erforderlichen Standard gewährleisten zu können.
Sozialraumorientierte Jugendhilfe versucht neben der Schaffung von
Angeboten für Familien, die Selbstbestimmung und Partizipation ermöglichen,
auch Kooperationen zwischen öffentlichen und freien Trägern zu festigen und neu
zu entwickeln.
Auf Grundlage des Fachkonzeptes Sozialraumorientierung ist in den
bestehenden Teams des Sozialen Dienstes des Jugendamtes die sozialräumliche Fallberatung
bereits seit 2008 etabliert, d.h. dass der Einzelfall ergebnisoffen unter
Mitwirkung mehrerer Fachkräfte (§ 36 SGB VIII), trägerübergreifend mit den
Sozialraumbüros vor Ort, nach gemeinsamen Standards beraten wird. Die
sozialräumliche Betrachtung des Einzelfalles führt zu einem fallübergreifenden
Arbeitsverständnis und ermöglicht eine gezielte Ressourcenerkundung, eine
fachliche Einschätzung möglicher, erforderlicher Hilfen und
Unterstützungsleistungen. Die traditionelle, versäulte Jugendhilfe wird durch
eine bedarfsorientierte Jugendhilfe ergänzt. Die Vernetzung im Sozialraum setzt
voraus, dass der Wille der Adressatinnen und Adressaten erkundet wird, Ziele
und Schritte gemeinsam mit den Adressatinnen und Adressaten definiert werden
und eine systematische Mobilisierung möglicher Partner, wie GWA-Projekte,
Beratungsstellen, Stadtteiltreffs oder Jugendzentren, im Sozialraum stattfinden
kann. Dabei meint Sozialraum nicht nur die räumliche Dimension, sondern auch
die subjektiven Lebenswelten der Adressatinnen und Adressaten. Die Ressourcen
der Familie zu erkunden, wie ihre persönlichen Stärken, ihre Freundinnen und
Freunde, die Nachbarschaft, die Einrichtungen des Stadtteils, als Aufgabe der
Sozialraumteams, ermöglichen einen Perspektivenwechsel weg von der
Defizitorientiertheit hin zur lösungsorientierten Hilfeplanung.
Wirksamkeitsstudien zeigen, je höher die Beteiligung der Adressatinnen und
Adressaten, umso wirksamer die Hilfen.
Die ersten beiden Sozialraumbüros als Pilotprojekte, bei der die Fachkräfte
nicht nur trägerübergreifend beraten, sondern auch täglich in Sozialraumteams
am selben Standort zusammenarbeiten, wurden 2011 im unteren Alt-Saarbrücken und
im unteren Malstatt eingerichtet. Diese ersten beiden Pilotprojekte wurden vom
Saarbrücker Institut für Sozialforschung, Praxisberatung und
Organisationsentwicklung (iSPO) wissenschaftlich begleitet. Im Abschlussbericht
heißt es: „Diese neue Jugendhilfestruktur ist sowohl effektiver, als auch
effizienter als die klassische Struktur der Jugendhilfe. Auch sind die
Fallzahlen der Hilfen zur Erziehung in den beiden Sozialräumen seit 2012
gesunken, während sie im restlichen Regionalverband leicht angestiegen sind.“
Die intensive Zusammenarbeit der Sozialraumteams ermöglicht neben den
traditionellen Hilfearten flexible und unbürokratische Hilfen.
Die Zusammenarbeit innerhalb eines Sozialraumbüros bringt die
Verantwortungsgemeinschaft von Mitarbeitenden der freien und öffentlichen
Jugendhilfe bezogen auf einen Stadtteil zum Ausdruck. Durch das jeweilige
Sozialraumbüro erfolgt der Ausbau der sozialen Infrastruktur in einer
überschaubaren Region. Es wird eine bessere Nutzung möglichst aller vorhandenen
Ressourcen im Sozialraum für Kinder, Jugendliche und Familien angestrebt. Die
Unterstützung und Hilfe für Kinder, Jugendliche und Familien im Sozialraum hat
Vorrang.
Herzstück von SOJUS sind die gemeinsamen Gremien der Mitarbeitenden von
freien Trägern sowie des Sozialen Dienstes des RVS, die sogenannten
Sozialraumteams. Mittels dieser Sozialraumteams werden unterschiedliche Gruppen
von Professionellen, nämlich die, die vom Fall kommen (ambulante Träger und
Jugendamt) sowie die, die vom Feld kommen (z.B. GWA, JUZ, etc.) miteinander
verbunden.
Ziel der Arbeit innerhalb des Sozialraumteams ist der Ausbau präventiver
Jugendhilfe unter Beteiligung von freien Trägern der Jugendhilfe.
Regeleinrichtungen vor Ort (Kindergärten, Schulen, etc.) sollen unterstützt und
in die sozialraumorientierte Jugendhilfe einbezogen werden. Mittels
partnerschaftlicher Zusammenarbeit von freien Trägern und dem Jugendamt sollen
ressourcenorientierte, individuelle und passgenaue Hilfe- und
Unterstützungsformen, welche sich am Interesse und dem Willen der Betroffenen
orientieren, entwickelt und angeboten werden. Zugleich sollen die Regeleinrichtungen
vor Ort einbezogen und gestärkt werden sowie ein Ausbau der sozialen
Infrastruktur im Sozialraum erfolgen.
Folgende Hilfeformen werden seitens der Sozialraumteams erbracht:
-
Ambulante
Hilfen gem. §§ 27, 30, 31 SGB VIII
-
Kurzberatungen/
Informelle Beratungen nach § 16 SGB VIII
-
Präventive/
einzelfallunabhängige Arbeit/ Gruppenarbeit
-
Erziehungsberatung
nach § 28 SGB VIII
Die mit den verschiedenen Trägern abgestimmten neuen Verträge lösen die
alten Familienzentrumsverträge ab und geben allen Beteiligten Finanz- sowie
Planungssicherheit. Der angestrebte Abschluss der neuen Verträge untermauert
zudem die langjährige, positive Zusammenarbeit in den unterschiedlichen
Sozialraumbüros. Die Vereinbarungen gem. § 8a Abs. 4 SGB VIII zwischen RVS und
Trägern sind Bestandteil der jeweiligen Verträge. Sie wurden aus Gründen der
Datenmenge nicht als Anlage versendet, können jedoch bei Bedarf eingesehen bzw.
angefordert werden.
Die Verträge wurden dem Rechnungsprüfungsamt sowie dem Rechtsamt
vorgelegt. Die Anmerkungen des Rechtsamtes wurden berücksichtigt. Die Bewertung
des Rechnungsprüfungsamtes ist noch nicht abgeschlossen und wird in der Sitzung
mündlich nachgereicht.
Anlagen:
- Kooperationsverträge
- Konzept Erziehungsberatung
- Verfahrensregelungen ambulante Hilfen zur Zusammenarbeit in den Sozialraumteams zwischen den Fachkräften der freien Träger und dem Sozialen Dienst